Die Partei: Eine Option für intelligente Protestwähler?

Die Partei hat 2,4 Prozent der Stimmen bei der Europawahl geholt. Damit konnte sie die Anzahl ihrer Mandate im Europaparlament verdoppeln. Gewählt wurde sie vor allem von jungen Leuten. Viele wollen mit ihrer Wahl ein Zeichen gegen die vorherrschende Politik setzen. Warum ist die Spaßpartei also auch eine Protestpartei?

„Mindesthirn für Alle“, ein Existenzmaximum von einer Millionen Euro und „Flüchtlingsstrom statt Braunkohle“. Das forderte Die Partei unter anderem in ihrem EU-Wahlkampf 2019. Sie ist eine Partei der ungewöhnlichen Art. Satire, politische Themen ironisch verpackt, balancierend auf der Grenze zwischen Spaß und Ernst und ohne Anspruch tatsächlich politisch zu steuern. Trotzdem ist sie bei den JungwählerInnen drittstärkste Kraft: Acht Prozent der unter 30-Jährigen haben die Spaßpartei gewählt. In Berlin lag sie sogar vor der FDP. Besonders junge GroßstädterInnen haben ihr Kreuz für Die Partei gesetzt. Wieso das? Was bewegt junge Menschen dazu, Die Partei zu wählen?

„Schon von Anfang an kamen CDU und die etablierten Parteien nicht infrage“, sagt zum Beispiel ein Student aus Essen auf die Frage, warum er Die Partei gewählt hat. Alles zu krampfhaft seriös und dabei viel zu wenig ansprechend für junge Leute. Die Partei bereite kritische und dabei besonders wichtige Themen ironisch auf und ziehe damit die Absurdität des Politikbetriebs selbst ins Lächerliche. Eine Satire, die längst fällig gewesen ist, um die Politikbetreibenden auf die eigenen Mankos aufmerksam zu machen.

Die Partei scheint für viele eine Notlösung zu sein

Klimawandel, Demokratie in Europa, Artikel 13 – das Wahlprogramm der eigentlichen Spaßpartei umfasst bedeutende Themen. Themen, zu denen dem jüngeren Wählerklientel klare Aussagen und Positionen von Seiten der etablierten Parteien fehlen. Die Fridays for Future-Bewegungen sind dafür wohl das jüngste Beispiel. Die Lösung der Partei hierzu: „Führerscheinentzug als Höchststrafe bei Leugnung des Klimawandels“. Auch die missglückte Antwort der CDU auf das Rezo-Video und die immerwährende Kritik an der SPD zeugen davon, dass die großen Parteien den Anschluss an ihre junge Wählerschaft verloren haben. Die Partei scheint für viele eine Notlösung zu sein, um die eigene Unzufriedenheit auszudrücken. Sie protestieren mit ihrer Stimme gegen eine Politik, die zu alt für ihre Wählerschaft ist.

Schon vor der Wahl hat Parteivorsitzender Martin Sonneborn erklärt, seine Organisation sei „eine Partei für intelligente Protestwähler“. Eine Gegenantwort auf die Protestwahl der AfD quasi: „Ich glaube tatsächlich, dass wir die Protestwähler im Land aufgeteilt haben: „Die Dummen wählen die AfD, die Intelligenteren Die Partei“, so der ehemalige Chefredakteur des Titanic-Magazins im Interview mit t-online vor zwei Monaten. Der neu gewählte Europaparlamentsabgeordnete und Kabarettist Nico Semsrott sieht den Wahlerfolg seiner Partei ebenfalls in Verbindung mit der Krise der Volksparteien. „Wir springen ein für ein System, das kippt“, sagte Semsrott in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Gleichzeitig sei Die Partei „aber never ever die Lösung“. Die Lösung muss woanders liegen. In einer Veränderung des politischen Diskurses vielleicht oder einer Komplettrenovierung der alten Parteienlandschaft.

Politischer Impact ist nicht zwingend zu erwarten

Aber was bedeutet die Wahl der Partei politisch im Europaparlament? Aktiv wird sich kaum etwas ändern. Zwei Sitze im Parlament sind nicht sonderlich viel. Zwei Stimmen sind selten entscheidend. Sicherlich werden die beiden Satiriker es erneut schaffen zu verärgern oder dort zu sticheln, wo es weh tut. Politischer Impact, der von den Stimmen der beiden Abgeordneten entschieden wird, ist dabei allerdings nicht zwingend zu erwarten. Die Kraft des Wahlerfolgs der Partei liegt also in ihrer Bedeutung im Inland. Die Wahl der jungen WählerInnen ist eine Aufforderung. Eine Aufforderung, auf den sonst so uninteressanten Balken „Sonstiges“ bei den Hochrechnungen zu schauen und wahrzunehmen, dass für viele junge Menschen eine Wahl der etablierten Parteien nicht infrage kommt – und dass sie ihre Stimme lieber einer Partei zukommen lassen, die offen keine Politik betreibt als einer, die die bisherige betreibt.

Lina Wattad studierte im Bachelor Publizistik und Politikwissenschaft in Mainz und ist seit 2018 Masterstudentin an der NRW School of Governance. Praktische Erfahrungen sammelte sie unter anderem in dem Kulturprogramm des Goethe Instituts in Berlin sowie in der Öffentlichkeitsarbeit einer Rundfunkanstalt.